Mittwoch, 20. November 2013

Fahrrad und Bahn: Wie kompatibel ist das?

Diesen Herbst waren wir ja wieder mal auf einer Veloreise (Veloreise von St. Moritz nach Innsbruck). Das hiess auch viel Zug fahren, zudem noch im Ausland. und das mit dem Fahrrad. Zu viert. Das bereitet mir jeweils mehr Sorgen als die ganze Tour, sind die Bahnen ja nicht gerade berühmt dafür, auf die Bedürfnisse von Veloreisenden einzugehen.
Warten auf den Zug


Mit dem Regionalzug geht es ja noch: Da kann man meist ebenerdig einsteigen, es gibt grosse Abteile, wo alle vier Räder Platz haben. Im Interregio fängt es aber schon an: Die gewöhnlichen Fernreisewagen haben kein grosses Gepäckabteil. Pro Wagen gibt es drei Haken, an die die Räder gehängt werden müssen. Dies kann man vorgängig auf den blauen Aushängen auf dem Perron (pardon, Bahnsteig) nachschauen.
Die blauen Aushänge (bei der SBB) beachten, sie geben Auskunft, wo man am besten auf ein Fahrradabteil wartet
Drei Haken, vier Räder. Hm. Da müssen wir uns schon aufteilen. Wir gehen möglichst ans Ende des Zuges in der Hoffnung, dass es dort weniger Leute hat. Natürlich sind die Fahrradabteile der beiden Wagen nicht Puffer an Puffer, sondern weitest möglich entfernt. So wuchte ich die Räder und das Gepäck in den Wagen, unterstützt von meinem älteren Sohn, meine Frau und der Jüngere am anderen Ende. Wir treffen uns in der Mitte und können nun in Ruhe nach Chur fahren.
Planen Sie die Reisezeit möglichst ausserhalb der Stosszeiten. Schlechtes Wetter ist auch besser zum Reisen als schönes - zumindest im Zug.
Unterwegs steigen noch andere mit Fahrrädern zu, sie quetschen sie irgendwie noch rein. Klar, dass der Zugführer keine Freude hat, aber was können die Passagiere dafür, wenn die SBB keine vernünftigen Veloabteile zur Verfügung stellt auf Fernreisezügen? In Gruppen reisen mit Fahrrädern kann man gleich vergessen.
In Chur steigen wir um. Wie es anders geht, zeigt die RhB. Da gibt es ein grosses Gepäckabteil, der Zugführer hilft einem beim Verladen. Bei der Billetkontrolle erkundigt er sich auch noch nach dem Ziel unserer Reise und wünscht uns viel Spass. Zwei Welten. Mit der RhB kann man entspannt auf Veloreise gehen.
Wie gesagt, die Tour verlief problemlos. Bis wir in Innsbruck die Fahrräder aufgeben wollten. Meine Frau erkundigte sich zu Hause am Bahnschalter noch extra, wie das so sei. Das SOLLTE schon gehen (dieses "sollte" hat mich vor der Abreise schon stutzig gemacht), meinte die Dame hinter dem Schalter, und würde ungefähr 35 Franken kosten pro Velo. In Innsbruck wollten wir nun unsere Räder der Bahn übergeben. Die Dame schaute meine Frau schräg an und sagte, das würden sie nicht machen, wir sollten doch mal zur ÖBB-Cargo. Also versuchten wir es dort. Nach längerem Durchfragen fanden wir das richtige Büro. Als ich mein Anliegen darlegte, holte der Beamte mal tief Luft. "Das kostet 180 € - pro Fahrrad!" Dafür kriegen wir ja fast neue Räder! "Ja wenn wir das in der Schweiz gelöst hätten, würde es nur 25 € kosten." Dieses Thema war somit auch erledigt. Wir entschieden daher, dass wir halt die Räder mitnehmen und kehrten zum anderen Schalter zurück. Wir lösten die entsprechenden Fahrkarten und reservierten die Plätze.
Muss verladen werden: Vollbepacktes Velo

Am nächsten Morgen warteten wir auf den Zug, ich war immer noch ein wenig nervös. Der kam. Mit einem eigenen Gepäckwagen. Die Bahnbeamten nahmen die Räder entgegen, wir mussten uns nicht mehr darum kümmern bis Bregenz. So einfach geht das!
Für Fernreisezüge besteht in Österreich generell eine Reservationspflicht für Fahrräder.
Bis Bregenz können wir nun entspannt die Fahrt geniessen. Dort wird es aber wieder hektisch. Wir haben etwa zehn Minuten zum Umsteigen, der Zug fährt auf dem anderen Perron, es gibt einen Lift. Einen langsamen Lift. Einen sehr langsamen Lift. Und klein ist er. Ein Bike hat gerade knapp Platz drin. Dann fährt der Lift los. Glaub ich. Oder doch nicht? Doch, er fährt. Langsam. Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt er wieder. So geht es weiter. Ich nehme dann, trotz Verbot, die Rolltreppe, geht viel schneller. Auf der anderen Seite: Eine Wendeltreppe. Egal. Irgendwie bringen wir die Räder runter. Und in den Zug. Wir schaffen es. In St. Margrethen müssen wir schon wieder umsteigen, in einen anderen Bummler nach St. Gallen. Das geht recht gut, in den Schweizer Bahnhöfen gibt es bequeme Rampen. Nach einer Fahrt durch Nebel und Regen erreichen wir St. Gallen. Die nächste Herausforderung. Ein Zug steht bereit nach Aarau, aber ein ICN. Wir fragen einen Bahnbeamten, wie das wohl aussieht, wenn wir mitwollten. Er begleitet uns zum Veloabteil am Schluss des Zuges und teilt uns mit, dass wir für diesen Zug wohl Zuschlag zahlen müssten. Aber er war nett, auch das gibt es bei den SBB. Wir verladen unsere Velos, hängen sie an die drei Haken, ein Kindervelo stellen wir ins Kinderwagenabteil. Schon kommt der Schaffner. Das geht nicht mit dem Kindervelo, der Platz muss frei bleiben für Kinderwagen, die eventuell kommen könnten. Wir müssen das Velo ins andere Veloabteil stellen. Am anderen Ende des Zuges, 300 Meter weiter vorne. Nun ja, da gehen einem einige Gedanken durch den Kopf. Müssig zu erwähnen, dass bis Aarau kein Kinderwagen eingeladen wurde. Weiter werden darauf hingewiesen, dass für Fahrräder Reservationspflicht besteht, die im Voraus zu tätigen ist, das nun 40 Franken kosten würde, angesichts der Tatsache, dass die in Innsbruck das gar nicht konnten, würde er es jetzt bei den regulären 20 Franken belassen. Zu gütig! ...Aber wenn jemand anders mit dem Velo kommt, der reserviert hat, müssten wir aussteigen. Aha. Es ist zum Glück Mittwochnachmittag und es regnet. Da wird wohl niemand kommen.
Beim ICN herrscht von 21. März bis 31. Oktober Reservationspflicht. Im Fahrplan sind die Züge mit diesem Symbol gekennzeichnet: 
In Innsbruck konnten sie uns die Transportgutscheine nur bis Aarau ausstellen. Am Schalter der WSB (Wynen-und Suhrentalbahn) zeigte man sich aber kulant und bestätigte auf der Rückseite, dass wir bis nach Hause fahren könnten mit diesen. So ging dann doch noch alles glatt.
Weitere Tipps:
Was die SBB nur sehr diskret erwähnt: Mit der Junior-Karte der SBB kommen die Fahrräder der Kinder GRATIS mit!
Kostet ein halbes Billet weniger als 12 Franken, kann für das Fahrrad ebenfalls ein 1/2 Billet gelöst werden, es ist keine Velo-Tageskarte nötig.

Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Ich freue mich auf eure Kommentare.

Für mehr Details zum Thema Velo und Zug hier noch ein paar Links:
Tipps der SBB: http://www.sbb.ch
Tipps der ÖBB: http://www.oebb.at
Tipps der DB: http://www.bahn.de
Pro Velo, der Interesseverband für das Fahrrad, bietet auch Informationen an auf ihrer Homepage:

1 Kommentar:

  1. Da habt ihr von Innsbruck kommend noch Glück gehabt. Wir hatten unsere Räder einmal in einem RailJet von Innsbruck nach Zürich dabei, notabene in TranZBags verpackt. Das gab ein Riesentheater und nur nach sehr viel Überzeugungsarbeit wurden wir vom Schaffner nicht aus dem Zug spediert. Kinderwagen hingegen sind nie ein Problem, da besteht klar eine Zweiklassengesellschaft.
    In Italien kann man das Velo immerhin für wenig Geld in alle Regionalzüge mitnehmen, die Fernverkehrszüge (Frecciarosso etc.) hingegen sind tabu. Da dauert dann eine Reise von Napoli nach Chiasso ziemlich lange ;-)
    Und die Reservationspflicht auf den ICN, das ist ja eine Sache für sich. An einem schönen Wochenende vom Tessin nach Zürich einen der raren Plätze zu ergattern, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Dann wartet man auf den nächsten Bummler und sitzt zusammen mit vielen anderen Bikern im klapprigen Gepäckwagen, weil es auch sonst keine Sitzplätze mehr hat.

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